Der geplante grundlegende Umbau des Energiesektors in Deutschland wird einen erheblichen Investitionsbedarf auslösen. Verschiedene Studien rechnen bis zum Jahre 2020 mit einem Volumen von rund 200 Milliarden Euro. Der private Sektor einschließlich der Kreditwirtschaft wird neben wichtigem Finanzierungs-Know-how einen großen Teil zur Finanzierung beitragen.
Grundvoraussetzung für privatwirtschaftliches Engagement sind langfristig stabile gesetzliche und administrative Rahmenbedingungen. Nur dann sind Investitionen sicher planbar. Bestünde Rechtsunsicherheit, könnten Risikoeinschätzungen von Seiten der Industrie, der Finanzwirtschaft sowie der Investoren konservativer ausfallen als nötig. Dies würde die Finanzierung erschweren oder doch zumindest verteuern. Besonders wichtig für Planbarkeit und Beurteilung der Rentabilität einer Projektfinanzierung im Bereich erneuerbarer Energien ist eine fundierte und verlässliche Festlegung der Einspeisevergütung, also der gesetzlich festgelegten Vergütung für die Einspeisung von regenerativ erzeugtem Strom in das allgemeine Stromnetz. Sie muss in Höhe und Laufzeit so gestaltet sein, dass sich mit ihr die Kosten eines Projekts innerhalb seiner technischen Lebensdauer amortisieren lassen. Unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten ist mittel- bis langfristig eine Absenkung bis hin zu einem vollständigen Auslaufen der Einspeisevergütung geboten. Solche Änderungen dürfen jedoch nicht rückwirkend angewandt werden. Denn dann würde laufenden Projekten und Kreditverträgen die Kalkulationsgrundlage entzogen.
Risiken für Investitionen resultieren zudem aus einer teilweisen mangelnden gesellschaftlichen Akzeptanz, beispielsweise beim Bau von Stromleitungen. Eine frühzeitige Beteiligung der betroffenen Bürger bei solchen Vorhaben ist unerlässlich. Gleichzeitig aber muss am Ende der Genehmigungsverfahren eine verbindliche Entscheidung stehen, auf die Banken und Investoren vertrauen können. Unverhältnismäßige und unvorhersehbare Verzögerungen, radikale Planungsänderungen oder gar der Abbruch von Projekten können die Finanzierungsbereitschaft beträchtlich mindern oder Projekte stark verteuern.
Gerade im Bereich der erneuerbaren Energien sind die Ausgangsinvestitionen oft erheblich und bedürfen einer langfristigen Finanzierung. Für etablierte Technologien wie Solar- und Onshore-Windenergie (Windenergie zu Land) stehen prinzipiell ausreichend Mittel zur Verfügung. Bei noch jungen Technologien wie der Offshore-Windenergie (Windenergie zu See) hingegen ist die genaue Höhe der Investitions- und Betriebskosten schwer abschätzbar. Dies gilt besonders für die in Deutschland geplanten Anlagen, die sich von bisherigen Vorhaben in Europa unterscheiden: Große Wassertiefe und großer Küstenabstand aus Gründen des Umweltschutzes, Sicherung der Schifffahrtsrouten und Berücksichtigung von Tourismusinteressen tragen zu einem komplexeren Risikoprofil bei. Hinzu kommt die fehlende Langzeiterfahrung: Wie verlässlich sind die Anlagen auf hoher See und wie verhält sich das Windangebot?
Aufgrund der ungleich höheren Risiken der Entwicklung der Offshore-Windenergie in Deutschland ist eine starke Eigenkapitalfinanzierung erforderlich. Das heißt, dass – zumindest in der Anfangsphase – weiterhin sehr bilanzstarke Konzerne als Investoren auftreten werden.
Das neu geschaffene Programm „Offshore-Windenergie“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kann einen wichtigen Beitrag leisten, um Fremdfinanzierungen zu ermöglichen und der Offshore-Windenergie in Deutschland zum Erfolg zu verhelfen. Der Konsortialcharakter des Programms gibt den Geschäftsbanken die Möglichkeit, die Kredithöhe für jede einzelne Konsortialbank zu begrenzen. Anders als Bürgschaften wirkt es jedoch nicht risikomindernd auf die Geschäftsbanken. Das Engagement von Eigenkapitalgebern bleibt also unerlässlich.
Denkbar ist jedoch, dass zukünftig stärker auf ein Modell einer anfänglichen Eigenkapitalfinanzierung der Projekte durch große Versorgungsunternehmen mit einer anschließenden klassischen fremdkapitalbasierten Projektfinanzierung umgestellt wird. Damit werden Banken und Investoren zu einem Zeitpunkt beteiligt, wenn Chancen und Risiken besser abschätzbar sind. Diese Lösung setzt voraus, dass der Energieversorger als Eigenkapitalgeber über eine ausreichend starke Bilanz sowie über Refinanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt verfügt.
Da in Zukunft mit höheren Auftragsvolumina, längeren Laufzeiten und komplexeren Projekten zu rechnen ist, wird jedoch auch die anfängliche Finanzierung aus dem Unternehmen heraus schwieriger und erhöht die Notwendigkeit alternativer Finanzierungsquellen.
Um dem steigenden Finanzierungsbedarf gerecht zu werden, muss ein Mix verschiedener Finanzierungsinstrumente entsprechend dem Risikoprofil der jeweiligen Projektphase sowie der Risikobereitschaft und Renditeerwartung der Investoren entwickelt werden. Neben langfristigen Bankkrediten können Verbriefungen oder Projektanleihen eine wichtige Rolle spielen. Mit Blick auf die Eigenkapitalfinanzierung bieten sich Fondsstrukturen an, um institutionellen, aber auch privaten Anlegern die Möglichkeit zu geben, sich an entsprechenden Projekten zu beteiligen. Die privaten Banken sind dabei, diese Finanzierungsstrukturen passgenau zu entwickeln.
Nicht nur die Risiken der erneuerbaren Energien stellen eine Herausforderung für die Finanzierung dar. Letztere könnte auch dadurch erschwert werden, dass die Infrastruktur nicht rechtzeitig verfügbar ist, um den erzeugten Strom auch an den Ort des Verbrauchs zu liefern. Neben dem koordinierten Ausbau der nationalen und europäischen Netzinfrastruktur und effizienteren Planungsverfahren ist die Netzentgeltregulierung so zu gestalten, dass stabile Anreize für Investitionen bestehen.
Investitionen in Energieeffizienz sind ein weiterer wichtiger Baustein für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Kapital steht für diese Investitionen grundsätzlich bereit. Allerdings fehlt bei Privatund Firmenkunden wie bei der öffentlichen Hand oft das Bewusstsein für die Vorteilhaftigkeit von entsprechenden Investitionen in Gebäude oder Produktionsanlagen. Substanzielle Fortschritte werden vermutlich nur mit Hilfe von intensiver Beratung, zielgerichteten öffentlichen Förderprogrammen und steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten erreicht werden.
Insgesamt zu berücksichtigen ist das geänderte (regulatorische) Umfeld, in dem Banken und andere Akteure seit der Finanzmarktkrise agieren: Die neuen Baseler Liquiditätsvorschriften schreiben vor, dass langfristige Kredite künftig verstärkt mit einer längerfristigen Refinanzierung unterlegt werden müssen. Gerade (Infrastruktur-)Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zeichnen sich durch lange Laufzeiten aus. Längerfristige Refinanzierung ist seit der Wirtschaftsund Finanzmarktkrise tendenziell teurer und nicht beliebig verfügbar. Ferner werden die neuen Eigenkapitalanforderungen von Basel III voraussichtlich zu höheren Eigenkapitalkosten führen. Und schließlich ist zu erwarten, dass das historisch niedrige Kapitalmarktzinsniveau mittelfristig ansteigen wird. Diese Aspekte müssen in der öffentlichen Debatte berücksichtigt werden, wenn die Rolle der Finanzwirtschaft bei der Realisierung der Energiewende diskutiert wird.
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